Schweeere Entscheidungen
Entscheidungen zu treffen kann für Hochsensible eine große Herausforderung sein. Ihre Neigung sämtliche Details in den Blick zu nehmen macht es ihnen oft schwer, schnell und eindeutig zu wissen, was der nächste Schritt sein muss. Dazu trägt zum einen ihre komplexe Wahrnehmung bei. Es gibt einfach tausend Einzelheiten, die mit dieser oder jener Richtung verknüpft sind. Und um daraus kluge Ableitungen treffen zu können, wollen die alle erstmal bedacht sein. Andererseits ist die Neigung zur Überstimulation bei HS mitverantwortlich für langsame Entscheidungsprozesse. Eine schlechte oder falsche Entscheidung kann in ihren Auswirkungen auch unschöne Gefühle auslösen: Schuldgefühle, unangenehme Konsequenzen, Überforderung …
Besser ein anderer macht´s
HS, die mit diesem Thema noch wenig planvollen Umgang hatten, sind vielleicht zu der Einsicht gelangt, dass sie Entscheidungssituationen hassen. Besser ein anderer nimmt den Richtungsentscheid in die Hand. Dann geht es nur noch darum sich selbst mit den Gegebenheiten zu arrangieren. Vermutlich ist das ein Weg in die eher unbefriedigende Abhängigkeit, die mehr und mehr zu Rückzug aus verantwortungsvollen Situationen und eine gewisse Art der Lebensverweigerung führt.
Gute Selbsteinschätzung als Selbstmanagement-Tool
Es gibt proaktiveren Umgang mit der Schwierigkeit sich zwischen zwei oder mehreren Varianten entscheiden zu müssen. Da ist zunächst eine gute Selbsteinschätzung: was liegt mir? wieviel kann ich verkraften? wo sind meine Grenzen? auf wen würde ich mich verlassen? etc. Wenn ich hier so gut es geht die eigene Überforderung ausschließe, habe ich eine solide Grundlage für die nächsten Schritte gelegt.
„Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt“
So beschreibt der französische Mathematiker Blaise Pascal (1623−1662) das Zusammenspiel der emotionalen und der mentalen Ebene. Was er damit meint, ist, dass man sich die Wahrnehmung des komplexen Zusammenhangs auch auf intuitiver als rationaler Ebene erlauben sollte. Unser sogenanntes `Bauchgefühl´ trägt mehr kluge Aussagen in sich, als es der sachliche Verstand kann – ein Umstand, der in unserer rational-geprägten Zeit für Viele schwer zu akzeptieren ist. Im limbischen System unseres Gehirns liegt die eigentliche Verantwortung für unsere Entscheidungen. Dieser stammegeschichtlich uralte Teil unseres Entscheidungsapparts, weiß schon was für uns stimmt, Sekunden bevor wir mit dem klaren Verstand (den Frontalhirnlappen) überhaupt anfangen können darüber nachzudenken. Es ist also eine gute Idee mal kurz die Augen zu schließen, in sich hineinzuspüren, und zu entdecken, was da längst für eindeutige Richtungen sich abzeichnen.
Mut zu sich zu stehen
Jetzt gilt es noch das Standing zu haben, diese Entscheidung zu akzeptieren. Auch, wenn der eigene Chef vielleicht nicht happy darüber ist. Oder wenn es plötzlich heißt, dazu im Leben ein bisschen was umzukrempeln. Manchmal löst so ein Entscheidungsprozess lange Handlungsketten aus. Manchmal kommt auch regelrecht Unwohlsein auf, wenn man wahrnimmt, was davon alles berührt ist. Die Gefahr der Vermeidung ist dann groß. Aber auf eines können wir uns definitiv verlassen: die klaren Ansagen aus dem stammesgeschichtlich ältesten Teil unseres Gehirns sind die, die für uns tragfähig und belastbar sind. Und das ist für uns Hochsensible das wesentliche Kriterium: mit allem anderen würden wir sowieso nicht glücklich.